Welcher
Wein? Hintergründe bei der Auswahl von Wein und Speisen
Nicht immer ist es möglich, einen Ratgeber zu Hilfe zu nehmen, wenn es an die Auswahl einer Kombination von Wein und
Speise geht. Eventuell fällt die Einordnung der Speise in eine Kategorie schwer, oder man möchte sich nicht darauf verlassen, das die Erfahrungen anderer Genießer mit den eigenen korrelieren. Vielleicht wünscht man auch einfach
eine außergewöhnliche Zusammenstellung, die aber dennoch nicht einer ausreichenden Grundlage basiert.
Damit man eine solche Kombination auswählen kann, muss man natürlich einiges über die Hintergründe wissen, die solchen
Empfehlungen und Erfahrungen zugrunde liegen. Nicht zuletzt aus diesem Grund erweist sich eine optimale Weinempfehlung oft als so große Kunst. Bevor man überhaupt an die Hintergründe einer Kombination herangeht muss man wissen, welcher Bestandteil der Speise meist der Geschmacksbestimmende ist. Üblicherweise
prägt die Sauce das Aroma einer Speise weitaus deutlicher als jeder andere Bestandteil; auch bei fleischhaltigen Speisen kann der Geschmack des Fleisches normalerweise keinen intensiveren Eindruck erzeugen. Es ist also davon
auszugehen dass es die Sauce ist, auf die man den Wein abstimmen muss.
Damit man eine solche Abstimmung nun effektiv vornehmen kann muss man wissen, durch welchen charakteristischen
Geschmack sich Saucen auszeichnen. Dabei ist der Gesamtgeschmack weitaus weniger wichtig (dieser ist meist auch nur schwer kurz zu umschreiben), sondern es geht um die charakteristischen Bestandteile, die mit dem Wein
harmonieren können. Wie beim Wein gilt auch hier, dass es Süße und Säure sind, die in der Kombination eine Harmonie bilden müssen. So wie ein zu stark säurebetonter Wein bei mangelnder Frucht nicht als angenehm
empfunden wird kann auch eine stark säurebetonte Kombination von Wein und Speise üblicherweise nicht überzeugen.
Damit man nun ein Urteil darüber abgeben kann, welche Saucen auf welche Weise harmonieren muss man ferner wissen, dass es natürlich nicht nur der zugegebene Zucker ist, der einen süßen Geschmack
erzeugt, und dass auch eine säuerliche Sauce nicht unbedingt nur über den reinen Essiggehalt zu bestimmen ist.
Rahm- und Buttersaucen zum Beispiel enthalten stets einen gewissen Anteil an Milchzucker und besitzen dementsprechend ein süßlicheres Aroma als viele andere Saucen, selbst wenn sie keinen anderen
Zucker enthalten. Dabei ist es unwesentlich, ob diese Saucen durch Créme Fraiche, Créme Double oder durch Sahne oder Butter gebunden sind – wichtig zu wissen ist einzig, dass der Milchzucker sie ein wenig süß erscheinen lässt
(auch wenn viele Menschen diese Eindruck nicht unbedingt als primär bezeichnen würden). Es ist die Reduktion, die im
Prozess der Entstehung der Sauce
diese Süße hinterlässt:
Eine häufige Variante zu diesen Saucen sind Glacésaucen oder dunkle Saucen, die zwar eventuell ebenfalls mit Butter gebunden werden, wobei diese allerdings kalt verwendet wird. Diesen Saucen wird
häufig Wein, Fruchtsaft oder Essig hinzugegeben, wodurch sie natürlich eine gewisse Säure erhalten. Dieser Säureanteil kann leicht den Milchzuckeranteil überwiegen, was man bei der Auswahl des Weines berücksichtigen muss.
Der Wein muss natürlich mit dem Zucker- oder Säuregehalt der Sauce eine Harmonie bilden. Dazu reicht die Kenntnis des Saucentyps allerdings nicht unbedingt aus, da es auch säurebetonte Buttersaucen
und süße Glacésaucen gibt. Daher ist die Kenntnis der entsprechenden Zubereitung von großer Wichtigkeit, wenn man den passenden Wein auswählen will.
Auch wenn Gemüse auch heute noch häufig als Beilage gereicht wird, sollte man diese Ergänzung eventuell berücksichtigen, da es gerade in Bezug auf Gemüse erhebliche
Unterschiede in der Wechselwirkung mit dem Wein gibt. Erbsen, Karotten, Rosenkohl, Wirsing, Kraut, Fenchel und Zwiebeln verfügen über eine gewisse Süße. Auch andere Gemüse, die an und für sich ein gewisses Süßes Aroma besitzen
harmonieren anders mit Wein als solche, bei denen dieser Geschmack nicht oder nur sehr wenig vorhanden ist. Da auch in Bezug auf die Süße des Gemüses eine Harmonie mit dem Wein erzeugt werden muss, würde zu diesen Arten zum
Beispiel ein nicht ganz trockener, auf jeden Fall nicht zu säurebetonter Weißwein sehr gut passen.
Als “neutrale” Gemüse betrachtet man üblicherweise Zucchini, Bohnen und Auberginen, da diese Arten nicht über eine ausgeprägte Eigensüße verfügen, während Chicorée oder
Radicchio Bitterstoffe entwickeln, die sich ganz erheblich auf eine gelungene Auswahl des Weines auswirken. Gemüsearten mit eigenen Bitterstoffen zum Beispiel können einen Wein, der viele Gerbstoffe enthält stark aus dem Gleichgewicht bringen, da sich Bitter- und Gerbstoffe
addieren würden und so ein unangenehmer Geschmack auftreten kann. Besonders stark tritt diese Wechselwirkung in den Vordergrund, wenn man einen im Barrique (Eichenfass) ausgebauten Wein auswählt.
Suppen betrachtet man üblicherweise eher als “Getränk”, weshalb hier oft kein Wein gereicht wird. Hier gelten allerdings im Prinzip die gleichen Regeln wie bei den
Saucen – Crémesuppen, die ob ihrer speziellen Herstellungsweise meist einen Gehalt als Milchzucker besitzen treten zum Beispiel oft in eine angenehme Beziehung mit halbtrockenen Weinen, während ein trockener Wein als Begleiter
nur selten eine gute Wahl ist.
Eine wichtige Rolle bei der Auswahl eines Weins nehmen auch Kräuter und Gewürze ein. Einige von ihnen eignen sich ganz hervorragend für eine interessante Kombination,
während solche Arten, die einen hohen Anteil von ätherischen Ölen enthalten zu einer gewissen Vorsicht anmahnen. Das deutliche Aroma dieser Öle nimmt dem Wein oft die Chance, als harmonierender Begleiter aufzutreten.
Als sehr “weinfreundliche” Gewürze gelten ob eines geringen Anteils an ätherischen Ölen Petersilie, Dill, Kerbel, Oregano, Majoran, Thymian, Rosmarin, Basilikum,
Curry, Salbei, Wacholder, Piment, Lorbeer, Muskat und Pfeffer; Knoblauch, Estragon, Schnittlauch, Minze und Meerrettich hingegen haben einen so hohen Gehalt dieser Öle, dass sie sich eigentlich nur bei spezieller Zubereitung zu
einer Kombination mit Wein eignen. Mehrmaliges Abkochen zum Beispiel kann hier dafür sorgen, dass sich das Verhältnis zwischen Gewürz und Wein soweit ändert, dass eine zufriedenstellende Kombination möglich ist.
Salat und Wein zu kombinieren galt noch vor nicht allzu langer Zeit als undenkbar; glücklicherweise hat eine Auflockerung der Regeln zu einer größeren Toleranz
gegenüber solchen Verbindungen geführt, nicht zuletzt, weil Salat heute oft mit ausgewogeneren Salatsaucen zubereitet wird, die einen sehr geringen Essiganteil enthalten. Joghurtsaucen jeder Art eignen sich recht gut für eine
Kombination mit nicht stark säurebetonten Weißweinen, da sie einen gewisse Milchzucker- oder Zuckeranteil besitzen; wenn man auf eine Vinaigrette zurückgreift, so sollte das Verhältnis zwischen Öl und Essig bei mindestens drei
zu eins liegen.
Auch bei der beliebten Kombination von Käse und Wein gelten vom Hintergrund her die gleichen Regeln wie bei allen anderen Speisen; zu beachten ist insbesondere der
Milchzucker- und Milchsäuregehalt des Käses, da diese beiden Faktoren mit dem Wein harmonieren müssen.
Wichtig ist bei der Auswahl von Wein und Käse auf jeden Fall, dass nur prinzipiell ähnliche Käsesorten, die sich nicht
nur in diesen beiden Faktoren, sondern auch noch in Pressung, Schimmelart und Reifung einigermaßen ähneln auf den Tisch zu bringen. Es ist nicht nur beinahe unmöglich, Käse auf eine andere Art zufriedenstellend
zusammenzustellen, es ist natürlich auch klar, dass man kaum einen Wein finden wird, der mit vielen verschiedenen Käsearten sinnvoll harmoniert. Den idealen Käsewein gibt es nicht – man kann hier höchstens eine Empfehlung
aussprechen, welche Weinarten zu welcher Art von Käse recht gut passen. Tendenziell ist ein duftiger Weißwein, der eine dezente Restsüße mit sich bringt oft ein guter Begleiter zu vielen Arten von Käse. Rotwein, der beinahe
prinzipiell gerbstoffbetonter daherkommt ist üblicherweise weitaus weniger geeignet, als man klassischerweise vermutet. Oft ist ein halbtrockener Riesling oder eine Scheurebe ebenso geeignet wie eine Muskateller Auslese.
Lassen sie sich von der noch immer gängigen Annahme, Rotwein und Käse wären ideale Kumpanen nicht zu Fehlschlüssen verleiten. Lange Zeit galt diese Regel beinahe
unangefochten, doch betrachtet man sie mittlerweile als überholt – zu recht, wenn sie einmal die ansprechender Kombination eines guten Weißweins mit Käse probiert haben. Dennoch bleibt entgegen der Meinung moderner Weinkundler
natürlich festzuhalten, dass Rotwein dennoch ein Potenzial besitzt, mit Käse zu harmonieren (immerhin hatten die Experten auch früher einen gut ausgebildeten Geschmack). Als zeitgemäß kann man diese Auswahl allerdings sicher
nicht mehr bezeichnen.
Manche Käsesorten allerdings sind bei aller Offenheit und Kombinierfreudigkeit schlicht und einfach nicht oder nur schlecht für einen Wein als Begleiter geeignet. Ein
starker Milchsäureanteil, eventuell noch verbunden mit einem salzigen Geschmack wirkt sich absolut nicht vorteilhaft auf den Wein aus, da sich Säure und Salz summieren; ist der Käse dann auch noch salzwassergewaschen, so kommt
am Ende meistens eine unangenehme Kombination heraus – weder Käse noch Wein schmecken in dieser Verbindung ansprechend. Wenn man einen solchen “schwierigen” Käse kombinieren will, ist am ehesten ein Wein mit hohem
Restzuckergehalt geeignet; Portwein empfiehlt sich hier ebenfalls.
Nach allem, was sie bis jetzt gelernt haben werden sie sich vorstellen können, dass die Auswahl eines Weins als Begleiter zu einer Süßspeise auf eine recht enge Zahl
von Weinen begrenzt ist. Wie man schon dem Namen “Süßspeise” entnehmen kann ist der Zuckergehalt solcher Speise recht hoch, weshalb hier nur Weine mit einem hohen Restzuckergehalt harmonieren können. Auch wenn ein Schaumwein
ausgewählt wird sollte man diese Regel beachten.
Viele Desserts bestehen aus Schokolade, Kaffee oder Früchten irgendeiner Art. Je nachdem, welcher dieser Bestandteile das entsprechende Dessert prägt muss man etwas
anderes beim Wein beachten.
Zitrusfrüchte zum Beispiel ergeben mit Wein nur selten eine Harmonie; allerdings kann man durchaus eine ansprechende Verbindung finden. Eine blanchierte Zitrusschale
zum Beispiel wird durchaus durch einen Wein als Begleiter aufgewertet. In Bezug auf Zitrusfrüchte gilt auf jeden Fall zu beachten dass es aus die Zitronensäure zurückzuführen ist, dass viele Weine sich hier nicht eignen; daher
muss ein Wein, der zu einem Dessert dieser Ar gereicht wird auf jeden Fall einen geringen Säuregehalt aufweisen, da sich die Säuren sonst summieren würden.
Unkomplizierter sind Früchte, die Apfelsäure enthalten weitaus unkomplizierter. Auch wenn dies ebenfalls eine Säure ist hat sich erwiesen, dass sie eine weniger
unangenehme Wechselwirkung mit der Säure im Wein eingeht. Edelsüße Ausleseweine zeichnen sich hier meist als exzellente Begleiter aus. Ausgezeichnete Kombinationspartner für Wein sind zum Beispiel Apfel, Aprikose, Pfirsich und
Mango; allerdings eignen sich auch Papaya, Passionsfrucht, Pflaume, Quitte, Birne, Holunder, schwarze Johannisbeere, Feige und Melone oft hervorragend für einen edelsüßen Wein.
Mokka und Schokolade hingegen enthalten oft einen hohen Anteil von Bitterstoffen, was die Auswahl eines Weines als interessanten Begleiter sehr schwierig macht.
Bitterstoffe wirken auch hier meist entweder disharmonisch mit einem süßen Wein oder unangenehm summierend mit einem säurebetonten Wein. Wenn dennoch Wein zu einem solchen Dessert gereicht werden soll, so greifen sie eher auf
einen lieblichen Wein zurück. Von Saucen mit viel Eigelb und Sabayon ist abzuraten. Diese Inhaltsstoffe können die Geschmacksstoffe binden, was zu einem unangenehmen “kleben” an der Zunge führt.
Die Kombination von Süßwein und Süßspeisen ist, auch wenn sie nicht unbedingt einfach ist, oft eine besonders
interessante. Hierbei muss man eigentlich ein einfaches Prinzip berücksichtigen: Süße und Süße heben sich gegenseitig auf. So kann zum Beispiel ein Wein, der eigentlich als zu süß empfunden wird für eine Süßspeise ein idealer
Begleiter sein, während ein weniger süßer, eigentlich angenehmerer Wein in Verbindung mit einem Dessert plötzlich weniger angenehm schmeckt. Im Idealfall verbinden sich die beiden essentiellen Faktoren Säure und Süße und
bringen eine ansprechende, attraktive Kombination hervor.